Die Pfotenkrieger schon wieder. Ja, ja. Immer pöbeln und nichts tun. Wenn man einer allseits sich selbst bekannten Tierschutz-Heldin folgen mag, sind wir Pfotenkrieger, bin besonders ich ‚Schreibtischtäter’…

…(Wikipedia: Ein Schreibtischtäter ist jemand, der staatliche Machtstrukturen ausnutzt, um eine Straftat durch eine andere Person begehen zu lassen. Es handelt sich nicht nur um einen juristischen Begriff, sondern auch um ein Konzept der Politischen Theorie.). Auch wenn dieser Begriff totalitären Machtstrukturen zugeordnet wird – und hart an die Grenzen einer Verleumdung kratzt. Egal.

Ja, wir tun vom Schreibtisch, das ist richtig. Aber ohne Recherche, Verarbeitung von Hinweisen, Trennung zwischen seriös, belastbar und verleumderisch, konstruiert gehört dazu, sehr viel lesen, auswerten, sortieren zusammenfassen und in Texte giessen keine Aufklärung, kein Aufzeigen von Missständen.

Am Schreibtisch passiert die Auswertung von Diskussionsrunden, Treffen, zufälligen wie geplanten, Stammtischgesprächen, zahllosen Telefonaten und Medieninformationen kann nicht informiert, polarisiert, karikiert und hingewiesen werden. Ohne diese ganze Vorarbeit entstehen keine Projekte, keine Veranstaltungen, die über die üblichen Grabkerzen und Gräuelbilder-Mahnwachen hinaus gehen. Ohne die Sisyphos-Arbeit am Schreibtisch sind keine Projekte möglich, die in der Lage sind, in einer Stadt wie  Berlin, in der Jahr für Jahr allein um die 2.800 (!) angemeldete Demonstrationen, Aktionen und Mahnwachen gibt, aufzufallen und uninformierte Menschen aufmerksam zu machen. Es ist eben kein Erfolg, in einer Metropole – na ja, Großstadt wohl besser – mit 3,5 Millionen Menschen ohne Umland knapp 300 Demonstranten aufzubieten, knapp 20 für eine Mahnwache. Das ist zu wenig. Für Kirchgellersen (sorry, Leute dort…) mag es reichen. Für Berlin ist das nichts.

Am Schreibtisch steht das unermüdliche Telefon, das ‚Networking‘ ermöglicht, Kontakte zu Organisationen, Parteien, Medien, dem einen oder anderen Verein, den Mitgliedern, Interessierten, Freund und Feind. Mit allen reden, offen sein, in jede Diskussion eintreten – meist vom Schreibtisch, den meine Chica hasst wie Gemüse und Regen.

Der Schreibtisch bewahrt zuverlässig vor blindem Aktionismus, schafft Distanz zu vielem, was sich im Nachhinein als Sackgasse erweist, trennt aber auch von persönlichen Kontakten, auch wenn wir immer wieder Möglichkeiten anbieten, uns persönlich kennen zu lernen. Da sind aber die Angesprochenen oft zu bequem, dem Angebot zu folgen.

Die Hunderunde wird auch ganz gerne lächerlich gemacht, uns ist und bleibt sie wichtig, egal, wie viele dabei sind, die Zahlen schwanken mächtig. Aber im Wald entstehen Kontakte, wir hören zu, tauschen uns aus, bieten an. Und mussten lernen, dass das Interesse am Tierschutz meistens dann endet, wenn der eigene ‚Migrant‘ endlich da ist. Das spiegelt sich bei den Mahnwachen und Demos wieder: bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich überwiegend um Tierrechtler und/oder Vegetarier, Veganer, die im Thema sind und sich engagieren, wo sie können. Aber Otto und Ottilie Normalhundebesitzer? Interessieren sich einen feuchten Hundehaufen. Also müssen andere Konzepte her, die Menschen erreichen, die nicht wollen, dass Tiere gequält werden, egal, zu welchem Zweck. Das Posten über Facebook untereinander, also im Kreis der dort aktiven, reicht nicht aus – was aber keiner wahr haben möchte.

Es geht aber anderes. Kurz vor der unsäglichen Veranstaltung am 8. Oktober 2011 vor dem Brandenburger Tor (300 Teilnehmer etwa, siehe oben) sprach ich mit Pascal Hug, Dogs Guard und klagte ihm mein Leid vom Desinteresse. Kein Problem, sagte er, ich sage unseren Mitgliedern in Berlin Bescheid. Das waren ‚damals‘ 13. Drei Tage später waren 11 dabei! Ein Mitglied musste arbeiten, eins war krank. DAS ist das, was ich mir vorstelle: Kooperation, Information, engagierte Mitglieder, keine Karteileichen und Beitragsablass-Spender.

Wenn sich Medien nicht interessieren, muss es für Medien interessant gemacht werden. Dem Tierschutz fehlt Marketing, einheitliches Infomaterial, Verteiler außerhalb der ‚Tierschutz‘-Szene. Warum sich so viele Vereine nicht öffentlich bei Veranstaltungen zeigen? Dumme Frage, nächste Frage.

Ach ja, der Schreibtisch. Im Prinzip machen sich doch viele einfach nur Sorgen, wenn wir ihn zu oft benutzen. Und damit können wir gut leben.

© Michael Marx – 03/2012

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