Handelslüge

Handel und Sachkundenachweis im Verein – eine Handelslüge?

Es wehen indirekt Gegenlüftchen gegen eine Zertifizierung, die sich aber fast ausschließlich daran stören, dass Vereine Tierhandel anmelden sollen – den sie de facto und de jure bereits betreiben. Was dezent verschwiegen wird ist wohl der Umstand, dass zur Anmeldung eines Tierhandels aus gutem Grund der große Sachkundenachweis vorgelegt werden muss – und hier wird es für die Mehrzahl der vermittelnden Vereine eng. Sachkunde ist in vielen Vereinen selbst im Bereich der vermittelten Tiere dünn. Allerdings würde es einen großen Qualitätssprung bedeuten, müssten Vereine Sachkunde nachweisen müssen – und zwar für Tier und Mensch gleichermaßen. Kein Schweißpunkt ohne Schweißschein, also ohne Sachkundenachweis des jeweiligen Verfahrens, aber Vermittlung und Verkauf von lebenden Tieren ohne einen Sachkundenachweis?

Nahezu die gesamte Vermittlung von Auslandstieren bewegt sich irgendwo zwischen Graubereich und Illegalität, was Tierschutzgesetz, Tierseuchengesetz und Steuerrecht anbetrifft, bislang geduldet. TASSO präsentierte flugs ein Gutachten, was im Gegensatz zu einem Aufsatz von Dierk Thümmel, Regierungspräsidium Stuttgart*, allerdings in den zum Thema gefällten Grundsatzurteilen keine Beachtung findet. Auch das gerne geschürte Missverständnis, dass das Betreiben einer gewerblichen Tätigkeit wie Handel den Status der Gemeinnützigkeit verhindern oder aufheben würde, stimmt nicht. Die behauptete Gefährdung des gesamten Tierschutzes ist unhaltbarer Unsinn.

Gemeinnützigkeit ist ein rein steuerrechtlicher Tatbestand. Sie ist einer der sogenannten steuerbegünstigten Zwecke und führt zu einer Steuerbegünstigung der Körperschaft. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit erfolgt durch das zuständige Finanzamt.

Vorteile der Gemeinnützigkeit sind insbesondere die Befreiung von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, also den Steuern auf das Einkommen (zum Beispiel aus Vermögenserträgen und Zweckbetrieben, (§ 5 Abs. 1 Ziff. 9 KStG), und die Berechtigung, Zuwendungsbestätigungen für Spenden auszustellen. Diese Bestätigungen berechtigen den Spender zum Sonderausgabenabzug. Die steuerliche Privilegierung kommt in zwei Situationen zum tragen:

  • wenn Einnahmen erzielt werden, die als geringfügig anzusehen sind und wenn die Einnahmenerzielung zur Art der gemeinnützigen Tätigkeit notwendigerweise dazugehört. Einnahmen (einschließlich der Umsatzsteuer) sind bis zu einem Betrag von 35.000 EUR jährlich steuerunschädlich, müssen also nicht besteuert werden (§ 64 Abs. 3 AO).
  • Liegen die Einnahmen über dieser Grenze, entfällt die steuerliche Privilegierung, es sei denn die Einnahmenerzielung gehört notwendigerweise zur gemeinnützigen Tätigkeit, dann liegt ein sog. Zweckbetrieb vor.

 

Ein Zweckbetrieb ist ein wirtschaftlich ausgerichteter Teilbereich einer Körperschaft, die ansonsten gemeinnützig tätig ist.  Die Einkünfte eines Zweckbetriebs unterliegen – unabhängig von der Höhe des erwirtschafteten Gewinns – nicht den Ertragsteuern. Ebenso sind die Umsätze eines Zweckbetriebs meist von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 UStG) oder aber sie unterliegen dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG). Damit kann ein Zweckbetrieb eine wichtige (wenn nicht die einzige) Einnahmequelle und ein zentraler Bereich der Verwirklichung der satzungsmäßigen Aufgaben sein.

Wenn aber die Körperschaft zur Erreichung ihrer gemeinnützigen Zwecke unternehmerisch tätig sein muss und die erbrachten Leistungen nicht nach § 4 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind, unterliegen die Leistungen der Umsatzsteuer – steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb – (zum ermäßigten Steuersatz siehe auch: § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG).

Rechtlich steht einer Zertifizierung also nichts entgegen außer vielleicht einer Anpassung der Satzung mit Anzeige der Änderung durch das Registriergericht und Neuvorlage beim zuständigen Finanzamt – wenn Erzielung von Einkünften zur Umsetzung der Vereinsziele nicht schon längst Bestandteil der Satzung sind. Der notwendige Sachkundenachweis sollte in Vereinen, die Tiere vermitteln und verkaufen, Pflicht sein. Wer dies ablehnt, hat eine sehr lockere Einstellung zu den Notwendigkeiten eines seriösen Tierschutzes.

Wir brauchen eine Zertifizierung, wenn die Vermittlung von Tieren aus dem Ausland nicht per se auf dem Niveau eines Polnischen Welpenhandels landen soll. Es bleibt zu hoffen, dass es Vereine gibt, die den Ernst der Lage erkennen und mit gutem Beispiel voran gehen, einen ‚Unique Selling Point‘, ein Alleinstellungsmerkmal gibt es dazu.

Die Pfotenkrieger können und wollen eine Zertifizierung nicht machen, dazu ist der Verein zu klein. Aber wir können beim Aufbau eines Netzwerks helfen und interessierte Vereine beraten. Wir können – wenn die vermittelnden Vereine die Wichtigkeit erkennen – auch bei der Suche nach einer übergeordneten Organisation helfen. Bewegen müssen sich die ‚Sauberen‘ schon selbst. Nicht nur im eigenen Interesse.

Sinnvolle Tierschutzarbeit gibt es nur auf dem Boden eines trockenen Sumpfes und bedarf keiner dreisten Handelslüge.