Sozialistischer Tierschutz ist nun Freund mit uns. In London fordern Veganer den Ausschluss aller Omnivoren vom WEEAC, dem World Event to End Animal Cruelty. Nicht jeder möchte mit jedem auf die Bühne. In Kuala Lumpur gibt es auch in diesem Jahr keine frischen Blaubeeren. Sonst noch etwas Wichtiges? Vielleicht ein WEEAC-Symptom?

Auf dem Polenmarkt betreibt Lukac B. aus Poznan aktiven Tierschutz, indem der die noch blinden Welpen rechtzeitig vor einer unter Umständen negativ konotierten Prägungsphase der unfreiwilligen Kellermama entreißt, der Pass blanko, Chip liegt noch beim Tierarzt, Hauptsache raus aus Polen, alles in allem irgendwo eine gute Tat. Denkt sich Lukac B. aus Poznan.

Der Ansatz, Omnivoren auszuschließen vom WEEAC hat etwas rührendes. Man möchte unter sich bleiben, dazu reicht dann ein Dixi-Klo, eine Kontakbereichsbeamtin zum Geleite, eine umgedrehte (Bio)Obstkiste samt Mikrofon für die Kundgebung und die Erkenntnis, dass es kuschlig ist so ganz allein unter den besten Menschen dieser Erde.

Auf einer geheimen Balearen-Insel wird ein stinkendes Wollknäuel von * direkt aus der – nun ja – Tötung in einer weiteren Aktion aktiven Tierschutzes unbekannt und voll niedlicher Würmchen in die Box gestubst mit einem anderen Unbekannten, um Stunden später höchst wahrscheinlich irgend ein Leben bei und mit wieder anderen Unbekannten zu absolvieren, irgendwie und doch wieder nicht geimpft, als Ü-Ei zum Ü-Ei, schließlich kann es ja auch klappen und frommt dem Ego, dem Konto, dem Ansehen. Dem Tier? Man wird sehen. Erkenntnis zwo: nicht nur lila Kühe können stubsen!

Erste Gerüchte werden laut, dass sich am WEEAC bestimmt jemand die Taschen füllt, womit fragt keiner, woher natürlich auch nicht, aber das Gerücht, die Frage, steht schädigend im Raum, noch bevor ein silbern Sponsorling in die Kasse geklingelt ist. Wie mein Terriermädchen ist das Gerücht, erst pöbeln und dann schnuppern, aber der Fisch stinkt von den Köpfen her, die Unrat wittern bei allem, was – zwangsläufig – Geld kosten muss und wird. Wer streut? Organisationen, die diese Idee nicht hatten und nun um ihre Spendendollars fürchten? Wahrscheinlicher als ein Versuch der pösen Kapitalistenpurschen, die sind schlau und warten, bis sich die Szene selbst zerfleischt, schont Ruf und Konto.

Verein J. aus K. ringt um seine (Ver)Fassung, seitdem Bäckereifachgehilfin Rita Z. aus dem erweiterten Vorstand sich spontan entschlossen hat, fürderhin auch Katzen vermittlungstechnisch zu begleiten, was zur Spaltung des Vereins, Verbalattacken, zwei geköpften Gartenzwergen und dem unerklärlichen Verschwinden der Galga Baronesse von Borschtsch aus dem Garten des Schriftführers führte. Im Sinne von Tierschutz, Scientology, der Gonsbachlerchen und der Bäckereifachgehilfin Rita Z.

Wale am Strand wässern, Robben im Pelz lassen, Trawler mit Gummibooten zerstören ist spektakulär, ein bisschen Frieden auf dem Weg zu einem großen Event aller Parteien, aller Lebensformen, aller Religionen, Haarfarben, Schuhgrößen, Ernährungsformen, politischer Richtungen und ähnlicher Möglichkeiten, die eigene Individualisierung modisch bewusst im Namen und auf Heckscheiben vor sich her zu tragen, zu praktizieren, eine Quelle von Qual, Selbstaufgabe, kann man machen, sollte man vielleicht lieber nicht.

Frau Kurth, Fraktionspolitische Sprecherin der Grünen in Sachen Tierschutz, MdB, kann nicht, aus terminlichen Gründen, schließlich beschäftigt man und Frau sich am 1. Oktober auf dem Parteitag bereits mit dem Thema Tierschutz, so zeitnah schon wieder und überhaupt, vielleicht wird ja beschlossen, dass Tierschutz zur Wählerstimme nicht taugt und die Bauern und Umwelt, der ganze Brassel mit Atom, schließlich möchte Frau Kühnast in Berlin nun an Stelle von Wowereit Parety machen und WEEAC, Himmel, wenn da keiner kommt?

Wer darf nun spenden und sponsorn beim WEEAC? Ring frei, der Gong ertönt, wer hat reine Weste und keine Pelze, ist frei von Schuld und allen Recht? Tägliches Spießrutenöffnen des Mailprogramms, lesen, ärgern, trösten, beschwichtigen, locken, der tägliche Wahnsinn, außerhalb des Fokus der Berufsbetroffenen, ein jeder möchte Rat, nein, Löwe, Gepard und Co., auch 2012 keine Soja-Antilopen, nein, Rammstein kommt nicht, die Kirchen möchte keiner, die können nicht einmal die eigenen Kinder schützen, ja, ehrenamtlich, alle, gewiss, nein, keine Rostbratwürstchen vor dem Brandenburger Tor, nein, natürlich vegan, doch, Wetter wird es geben und so weiter und so weiter. Aber eins noch: Pekunia non olet!

Im Fernsehen läuft Kugelstoßen, bei mir kein erlösender Schrei, die Probleme kleben an Hand und Hirn, alle betreiben mehr oder weniger eine Art Tierschutz, oft im Verborgenen viel und meist lauthals wenig, ein jeder schützt vor sich hin, tut Gutes und redet darüber – und das ist das Problem: warten. Wie wird der erste WEEAC? Lohnt sich im nächsten Jahr die Teilnahme?  Wie ist die Resonanz? Das Medienecho? Macht es sich gut in der Biographie? Ist es sexy? Ob es im nächsten Jahr wieder einen WEEAC geben wird? Kommt darauf an, wie viele warten werden.

Die große Organisation G. bleibt wahrscheinlich lieber fern, es sei denn, es gelänge, dem Brandenburger Tor einen abseilbaren Schornstein hinzuzufügen, ersatzweise ein Bassin zum Versenken des neuen Flaggschiffes, mittlerweile haben  Aktionen den Karl-Edurad von Schni-Faktor – Bürger der ehemaligen DDR erinnern sich peinlich berührt – erreicht, Bier- und/oder Entsorgungsphase, der verstorbene Aktionspioniergeist ruht weitestgehend unbeachtet als Dauerleihgabe wohlfeil im Deutschen Museum zu München. Andere denken offenbar ähnlich. Siehe Abschnitt vorher.

Meine Hunde hassen mich, ich werde von meinen Welsen, Freunden, Nachbarn ignoriert, dafür kommt der Herr Gerichtsvollzieher jetzt öfter, Zähneputzen mit Melkfett weil verklebte Augen mit rötlichem Rand, der Kühlschrank leer, aber das Licht ist noch drin, schlechte Laune ist Dauerbegleiter, aber eine frische Hose könnte doch schon sein, Alltag rundum, wo ist die Nacht geblieben? Das WEEAC-Symptom greift um sich, ist ansteckend, ob heilbar, weiß noch keiner.

Warum tun wir uns das alles an? Ach ja, da war noch was. Tiere.

Das letzte macht bitte das Licht aus.

© Michael Marx – 07/2011

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