Das Leben könnte so einfach sein, gäbe es nicht unterschiedliche Entscheidungswege. Auf ganze drei Worte lässt sich ein Königsweg des Tierschutzes in Sachen Streuner in Europa und anderswo herunter brechen: neuter and return – kastrieren und an den Einfangort zurück bringen. Ist es einer?
Neuter and return sind aber auch die drei Zauberworte, die die so genannten ‚Tierschützer‘, also die, die sich Tierschützer nennen, deren Engagement und Verständnis aber über die ‚Rettung‘ von Hunden nicht hinaus geht, fürchten, wie der Teufel das Weihwasser. Hunde nach Deutschland zur Adoption einzuführen, also Hundehandel mit Rettungshintergrund zu betreiben, wird als Mittel der Wahl suggeriert und verträgt sich schlecht mit einer nachhaltigen Lösung des Problems. Da ist jede Argumentation vergebens und wird unisono mit dem Totschlagsargument ad absurdum geführt: „Aber es geht doch um die Tiere und so werden wenigstens einige gerettet…“
Wovon reden wir? Von einigen tausend Hunden, die Jahr für Jahr nach Deutschland unter konsequenter Umgehung des Tierschutz- und Tierseuchenrechts importiert werden – und von einigen hunderttausend Hunden, die die Selektion Deutscher Tierfreunde nicht überleben. Von Katzen, die kaum nennenswerte Erwähnung finden und gleichsam grauenvolle Schicksale erdulden müssen, ganz zu schweigen. Und verschwiegen wird das von der dominanten Hundehelfer-Lobby recht konsequent.
Nicht Brutus, Hella, Nobby, Rex, Twinky, Black und Minna muss unbedingt sofort und gleich um jeden Preis geholfen werden, weil gerade die gleich morgen getötet werden, allen muss geholfen werden – und konsequenter Weise dort, wo sie sind. Brutus, Hella, Nobby, Rex, Twinky, Black und Minna wird natürlich nicht sofort geholfen und so tauchen sie auch Wochen nach ihrem Tötungstag putzmunter und bis zur Unkenntlichkeit in völliger Unkenntnis der Teiler munter geteilt so lange auf, bis entweder Facebook Google heißt oder umgekehrt oder das Internet komplett das Gedächtnis verloren haben sollte.
Das Foto rechts stammt nicht aus der Ukraine oder aus Rumänien, könnte aber sicherlich sehr gut zur Erzeugung von Mitleid missbraucht werden. Der Betrachter kann nicht sehen, wo das Foto aufgenommen wurde. Er will nicht sehen, was zu sehen ist: zwar ein primitiver Zwinger, aber sauber. Die Tiere sind ebenfalls sauber, gepflegt, nicht unterernährt. Das Foto wurde aufgenommen in einem privaten Tierheim auf Sizilien, in dem sich 7 (SIEBEN!) Mitarbeiter um bis zu 700 (!) Tiere kümmern und sie gesund und in gutem Zustand halten, OHNE jede EU-Unterstützung, rein auf Spendenbasis, ein Tierheim, für das die Pfotenkrieger schon eine Tierwaage finanzieren konnten. Es ist eben manches Glod, was nicht glänzt, das allerdings kann kein Betrachter auf Facebook wissen…
Sind die Pfotenkrieger über’s Jahr hartherzig geworden? Nein, aber sie haben gelernt. Aus unzähligen Telefonaten innerhalb Europas, aus unzähligen Mails, Berichten, Studien und Hintergrundinformationen. Weil hinter all dem Lärm die leisen Stimmen der Mahner, der Kenner, der echten Tierschützer zu vernehmen sind, die – leider – im Marktgeschrei der Vermittlereien unter zugehen drohen. Die genau genommen auch kaum jemand hören möchte.
Selektion wird abgelehnt – aber zur ‚Rettung‘ auserkoren – also selektiert – werden die Netten, die Niedlichen, die Kompatiblen, die Angesagten. Das es Menschen gibt, die sich rührend um die nicht vermittelbaren kümmern, soll hier nicht unerwähnt bleiben, ab die ‚Masse‘ selektiert bewusst
Tierschutz muss Hilfe zur Selbsthilfe sein. Geld muss da hin, wo konsequent, kostengünstig und ordnungsgemäß kastriert wird. AUCH in den privaten Haushalten. AUCH dort, wo die katholische Kirche einmal mehr für Missstände verantwortlich ist: das Ablehnen von Kastrationen als Eingriff in die Natur. Wo bei die Frage erlaubt sein darf: ist die Massentötung des durch diesen Wahn erst entstandenen Überbestands etwa KEIN Eingriff in die Natur?
Tierschutz muss nachhaltig arbeiten. Wenn Tiere kastriert, untersucht und gekennzeichnet worden sind (Chip oder Marke am Ohr etc.), sollten sie in ihr angestammtes Revier zurück gebracht werden. Nur so lässt sich der Bestand im Laufe der Jahre drastisch reduzieren, ohne massenhaft zu töten.
Tierschutz muss sauber arbeiten. Das beinhaltet auch, nicht nur die Kampagne ‚8 Hours‘ zu unterstützen, der die Transportzeit von Nutztieren auf maximal acht Stunden reduzieren lassen möchte, sondern auch tierquälerische Ultralang-Transporte unter teilweise buchstäblich mörderischen Bedingungen in den eigenen Reihen konsequent zu unterbinden.
Tierschutz muss transparent arbeiten. Das bedeutet, sich endlich der Gesetzeslage zu fügen und Tierhandel anzumelden. Das können auch gemeinnützige Vereine, wenn Tierhandel zur Unterstützung von Kastrationskampagnen und Tierschutz im Herkunftsland als Vereinsziel in der Satzung steht und ein lückenloser Nachweis des Woher und Wohin für jedes Tier geleistet wird – was ein seriöser Verein sowieso tut.
Neuter and return. Das ist der Königsweg, alles andere ist ein entweder hilfloses oder oft sehr bewusstes Kratzen an der Oberfläche zuungunsten der Tiere. So lange in großer Zahl importiert wird, ist der Effekt doch ein Gegenteiliger: Warum kastrieren lassen, wenn sich mit dem Mitleid so gut Geld verdienen lässt? Und es WIRD gut Geld verdient. Hilft es den Straßenhunden, weggefangen zu werden und plötzlich in einer für sie völlig unbekannten Situation einer Gefangenschaft in Enge und unmittelbarer Nähe zu völlig fremden Hunden Lebensraum und Rudelstellung zu verlieren? Ist es für Straßenhunde wirklich besser, in überfüllten Notquartieren Dauerstress erleiden zu müssen? Soll das Tierschutz sein? Für wen?
Sehr viele Straßenhunde in Osteuropa wurden schon auf der Straße geboren und finden sich als liebe Familienhunde für Anfänger auch mit Katzen via Facebook oder Ebay-Kleinanzeigen angepriesen wieder. Es kann ja gut gehen. Muss es aber nicht.
Aber wie sich auch nach Fernsehberichten, Presseartikeln und Anzeigenkampagnen nach wie vor todkranke Welpen in Polen verhökern lassen und reine Wässerchen als homöopathische Wundermittel auf Kaffeefahrten, so werden alle Appelle an Vernunft und Besonnenheit in Sachen echte Hilfe für Streuner ins Leere laufen.
Was fehlt sind Personen und/oder Institutionen, die sich zu einer Stiftung zusammen schließen, um Kastrationskampagnen in ganz Europa zu fördern, unterstützt von Pharmakonzernen, denen es tatsächlich um das Wohl von Tieren geht, von Futtermittelherstellern, Tierärzten, Vereinen, Privatpersonen. Was fehlt ist eine transparente, effiziente Anlaufstelle mit minimaler Organisationsstruktur, die sammelt, verteilt, darüber berichtet, informiert, aufklärt und so der EU, dem Steuerzahler hohe Folgekosten eines zu oft missverstandenem Tierschutz minimiert und der betroffenen Bevölkerung in den Herkunftsländern echte Hilfe zur Selbsthilfe bietet.
Was nicht fehlt sind Menschen, die ganze Völker als Mörder brandmarken, ohne hinter die längst nicht so sauberen Kulissen im eigenen Land zu schauen, denn das wäre ja ‚Nestbeschmutzung‘, ist also unsexy – und bringt nichts ein.
Es werden keine neuen Tierheime gebraucht. Nirgends. Wenn ‚Neuter and return‘ konsequent umgesetzt wird, werden Tierheime irgend wann überflüssig. Überall. Hundevermittlereien auch. Wir ebenso.
DAS wäre ein Tag zum Feiern: Mission erledigt.
Nachtrag zum Thema Tierhandel und Adoption: Gutachten, dass als Grundlage der aktuellen Urteile zu Ungunsten der Adotionsanbieter (vulgo Händler) dient und somit von TASSO und bmt konsequent NICHT erwähnt wird:
- Gutachten
© Michael Marx – 01/2012
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