Fiese Hundewiese? Die Hundewiese auf dem Tempelhofer Flughafen – jene nahe Haupteingang nahe S-Bahnhof Tempelhof – ist immer wieder ein Quell der Inspiration, was das Studium allzu Menschlichem anbetrifft. Somit auch ein Quell der Transpiration, schließlich muss ich mit den Urhebern dieser Anekdoten innerhalb der Stadtgrenze die geliebte Location Berlin teilen. Ungefragt.

Jede Schietwetterpause ist Grund genug, die Vierbeiner zum Lüften und Entlüften gen Tempelhof zu chauffieren. So auch an einem Montag, an dem wegen Bedarfsstau nicht einmal ein Plätzchen am Klo zu ergattern war – jeder Griff dortselbst hinein unmöglich.

Rrrrrrratero-Rrrrrrüde – ein schönes Wort – Golfo – ein hässlicher Name – und Border-Terrine Chica schleppten mich also ins Hundeauslaufgehege. Die Bestien ausklinken, Törchen auf, ab dafür, Törchen zu. Ich schlappe dann gerne an der Hundehalterhühnerstange vorbei – lässiges Grüßle muss sein – vorbei und strebe gemächlich der liberalen Mitte zu, es ist Hundeauslauf und die Bestien mögen tun, was getan werden muss. Entspannend. Für alle. Fast alle.

Herrchen krümmt den Rücken, um ein Enddarmprodukt von Golfos Gnaden einzutüten – dank Trockenfutter wäre auch ein Eisen 6 adäquat, um die Hinterlassenschaft elegant über den Zaun zu chippen – als sich von schräg hinten eine Stimme meinem Ohr näherte:

„Eine einfache Entschuldigung hätte genügt!“

?

Mit durchgedrücktem Kreuz und einem Tütchen Hundescheiße zwischen Daumen und Zeigefinger ergab sich folgende Unterhaltung zwischen Hundekennerin und Ignorant:

„Wofür?“
„Ihr Hund hat mir ans Bein gepinkelt!“
„Und? Muss er sich entschuldigen, nicht ich…“
„Sie sind der Hundehalter und somit verantwortlich!“
„Erstens habe ich nichts gesehen und zweitens ist das hier ne hundewiese. Da kann sowas schon mal vorkommen, oder?“
„Sie haben das genau gesehen und müssten sich zumindest dafür entschuldigen!“
„Geht es Ihnen nicht gut? Mit sowas muss man hier halt rechnen. Es sind Tiere, da kann das schon mal vorkommen, oder?“
„Das ist ein Versicherungsfall normalerweise. Wir können auch die Adressen austauschen!“
„Ganz bestimmt nicht. Ich sehe keinen Grund dafür.“
„Die Hose müsste gereinigt werden!“
„Haben Sie keine anderen Probleme?“
„Sie hätten sich ja nur entschuldigen müssen!“
„Wofür?“

Das hätte ewig so weiter gehen können. Ich habe also das Frauchen stehen gelassen und das Tütchen entsorgt. Umgekehrt hätte es auch keiner bemerkt. Wahrscheinlich.

?

Wenn ich auf ein Hundeauslaufplatz gehe, muss ich damit rechnen, dass da Hunde ihren Auslauf genießen und auch mal auslaufen. Notfalls auch an meinem Bein. Würde ich auf meiner Hundejeans jedes Anpinkeln, jedes Markieren markieren, darüber hinaus jede Urinade an Jacke, Rucksack und Handtuch, jeden Speichel an sozialisierten Bällen, die ohne Rückfrage von Jedem und Jeder gerne ausgiebig genutzt werden, wäre meine Jeans schwarz vor Strichen. Würde mich jeder fremde Hundekopf in meinen Beuteln aufregen, jedes umgerempelt werden von balgenden Fremdbellkörpern innerlich verletzen, jede Tölpelei unbedarfter Hundeanhängsel (vulgo Halter) sinnlos erregen – ich wäre schon lange auf Fische umgestiegen…

Besagte Bepisste (ihrer Aussage nach…) eilte fortan von Hundehalter zu Hundehalter, um denen von der Freveltat meines Golfo samt der Unverschämtheit seines Besitzers – also der von mir – zu künden, auf dass es statt Manna Lava auf mein Haupt regne. Es regnete. Ein paar Tropfen. Aus Golfos Wolke sieben.

Selig sind die geistig Armen, denn ihrer ist das Himmelreich. Und unser die Hundewiese. Fiese Hundewiese. Amen.

PS.: Als ich die ‚Dame‘ nochmals passierte, meine sie bemerken zu müssen, dass sie ja nun erstmal die Hose wechseln müsse. Nun ja, Hirn wechseln geht ja nicht. Und Fische habe ich auch. Deswegen.

© Michael Marx – 11/2010
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