Die Pfotenkrieger schreiben immer so unentspanntes Zeug und immer nur schlecht über alles. Ist das so?

Überwiegend ja. Aber wer sollte es sonst tun? Ein beklemmendes Gleichnis als ohrenbetäubendes Parzellengeflüster… Nehmen wir mal Facebook, dass man sich wie ein riesiges Gelände vorstellen muss, auf dem lauter Kleingartenvereine Zaun an Zaun ihr Dasein fristen in der durchaus irritierenden Annahme, dass an der Grenze ihrer Kolonie nicht eine, ihre, sondern DIE Welt endet. Das wäre – für sich genommen – ja nicht einmal schlimm.

Aber: Alle Kolonien haben laut ihren Satzungen ein gemeinsames Ziel. Alle möchten sie die Gartenzwerge schützen, ihren Fortbestand sichern, mit ihnen gedeihlich zusammen leben und dafür Sorge tragen, dass diese nicht mutwillig zerstört, entartet, umfunktioniert und zur Massenware degradiert werden. Leider sehen die, die außerhalb des Geländes in ungesunden, engen, grauen und schmucklosen Wohnsilos leben, das völlig anders. Und das ist schlimm. Die Silosianer möchten nichts wissen von den Parzellianern und deren ‚grünen Daumen‘, ihnen sind Gartenzwerge herzlich egal und wenn sie welche finden, machen sie damit und daraus, was immer sie möchten, rücksichtslos, gedankenlos und uneinsichtig. Und wie geht es weiter? Entdecken die Parzellianer aller Kolonien, dass sie viele sind an der Zahl und sich wehren könnten? Dass sie geeint Vereinsflaggen zeigen, um den Silosianern die sanfte Schönheit ihrer gehegten und gepflegten Gartenzwerge näher zu bringen? Laden sie die ‚Grauen‘ ein, ihnen ihre Gärten zu zeigen? Sie haben doch das gleiche Ziel, den gleichen Wunsch?

Es ist leider nicht dasselbe, wenn viele das Gleiche wollen. Die einen wollen gar nicht reden, lehnen Dialoge ab und möchten am liebsten alle Silosianer zum Teufel jagen. Andere sind der Meinung, dass man ruhig auch eine alternative Nutzung von Gartenzwerge zulassen könnte, wenn diese nicht zerstört oder verunstaltet würden. Dann wäre da noch die Kolonie, die der Meinung ist, dass alle, Silosianer wie Parzellianer, überflüssig seien und schlecht, denn ohne sie gäbe es doch gar kein Gartenzwergproblem. Wieder andere sind sich nicht sicher, wissen aber, das irgend etwas nicht stimmt, können sich dennoch nicht entscheiden, sich so oder so zu verhalten, schließlich sei ja nichts endgültig bewiesen. Einige Kolonien sind untereinander verfeindet, andere reden nur nicht miteinander, oder nur mit der einen Kolonie oder gar mit Silosioanern, wenn Kolonie X nicht dabei ist, kurz, es herrscht ein heilloses Durcheinander. Parzellianer sprechen eine Sprache und bringen dennoch das Kunststückchen fertig, sich nicht verstehen zu können. Es ist schrecklich laut auf dem Gelände, weil jede Kolonie den eigenen Mitgliedern lautstark die eigenen Argumente immer und immer wieder um die Ohren haut, während sich die Bewohner der Silos aus den weit geöffneten Fenstern lehnen, um dem bunten und turbulenten Treiben zuzuschauen. Hohnlachend. In der Gewissheit, das so Kolonie auf Kolonie weichen wird, bis schließlich alle im Grau der Silos verschwinden werden.

Was immer dann auch mit den Gartenzwergen passieren würde. Hohnlachend. Denn wenn sich die Grünen nicht grün sind, werden eines Tages auch sie vom Grau verschluckt. Wir Pfotenkrieger werden nicht nachlassen in unserem Bemühen, unsere ‚Parzellianer‘ dazu zu bewegen, sich dazu zu bekennen, ‚Grüne‘ – bitte, meine Damen und Herren, im Sinne dieses kleinen Gleichnisses, politisch klumpt eh alles werbewirksam und ununterscheidbar verquirlt (grau?) zusammen…  – zu sein und gemeinsam für die Ausweitung des Gartengeländes zu kämpfen. Es geht nicht darum, sich beliebt zu machen, das bessere Ende in den Händen zu halten. Im Gegenteil: wer einen Spiegel in die Runde hält, wird immer ein Überbringer schlechter Nachrichten sein und bleiben. Aber es gibt auch Situationen, wo selbst unser oft arg strapaziertes Verständnis abrupt endet: wenn Kolonien von Parzellianern sich der Gemeinsamkeit verweigern, ihre Teilnahme nicht gewähren, sich ersatzweise gar nicht erst äußern. Man müsse sich um die Gartenzwerge kümmern. Man könne nicht marschieren, wenn welche marschieren, die sonst eher rückwärts gingen. Oder stur stehen blieben. Man sein personell nicht in der Lage. Man habe keine Zeit, für den Fortbestand der Parzellen etwas zu tun, schließlich habe man ja eine Kolonie. In Parzellanien, das aber bleibt unerwähnt.

Ja, es geht gegen das alles verschluckende Grau der Welt und einige wehren sich nicht. Jedenfalls nicht mit denen. Oder gar denen. Und da machen die Mitglieder dieser Kolonien in vorauseilendem Gehorsam mit? Verweigern den Dialog? Wo bleiben die lauten Worte, dass man schließlich das Volk sei und die Vorstände unwilliger Kolonien ihre Verweigerung allein im Reiche des Pfeffers fortsetzen mögen? Wo bleibt, wenn es ums Ganze geht, der oft und gerne in Anekdoten zitierte zivile Ungehorsam? Können Gartenzwerge vielleicht reden? Bedürfen sie die Hilfe aller Parzellianer vielleicht nicht? Glaubt ernsthaft noch jemand, dass grau zu allem passt und so schlimm nicht ist? Für Entspannung müsst ihr Leser, Parzellianer, Nachdenkliche, Zauderer schon selber sorgen. Auch auf Facebook. Vor allem aber in euren Leben, in eurem Gewissen, in eurer Familie, Nachbarschaft und eurer Kolonie.

DANN schreiben wir alle Geschichte.

© Michael Marx – 07/2011

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