Menschen sind Tiere. Menschentiere. Da bleibt alles beim Alten. Natürlich tut es das. Änderungen ernsthaft wollen heißt immer, eigene Positionen in Frage stellen. Das könnte das Eingeständnis bedeuten, Fehler gemacht zu haben. Oder das falsche getan zu haben. Oder das Richtige nicht richtig umgesetzt zu haben.

Wie auch immer, es bedeutet Probleme. Aber es ist an der Zeit, über Problemlösungen nachzudenken für diejenigen, um die es geht. Nein, dass sind nicht wir. Und damit fangen leider für zu viele IHRE Probleme erst an.

Ein Atomphysiker wurde mal gefragt, warum Menschen etwas so abscheuliches tun, wie eine Atombombe zu erschaffen, die auf einen Schlag Hunderttausende töten kann, auf jedem Punkt der Erde, auf Knopfdruck. Die Antwort war ebenso einfach, wie schlüssig: „Weil er es kann!“
Der Mensch quält und unterdrückt – weil er es kann. Aber er erschafft auch ‚Die Göttliche Komödie‘, ‚Die Zauberflöte‘, den Petersdom, das künstliche Herz – weil er auch das kann. Er quält, heilt, tötet, rettet Leben, erfindet, zerstört, baut auf, bezaubert, verstört, vergewaltigt, beschützt, integriert, intrigiert, hetzt, unterstützt, denkt, ignoriert einzig und allein, weil er es eben kann. Was er aber mit seinem Leben anfängt, ob er heilt oder quält, dass hat zu einem erheblichen Anteil mit seiner Sozialisierung zu tun. Mit Erziehung. Mit Ausbildung. Mit Vorbildern. Mit dem Umfeld. Mit vielen Faktoren, die sich zu wesentlichen Teilen beeinflussen lassen.

Wer sich auf das intellektuelle Bierkästchen stellt und laut in die Welt posaunt, wie schlecht der Mensch sei und wie sehr man sich schäme, dieser furchtbaren Rasse anzugehören, ist sogar beim Versuch, sich ein bisschen besser zu machen in der Masse der Fürchterlichen kläglich gescheitert. Weil nichts an dieser unsäglichen Behauptung stimmt.

Niemand weiß, was Tiere tun würden, wenn SIE könnten. Unter Tieren gibt es sehr wohl Kannibalismus, das Verstoßen von Schwächeren, die für unsere Augen oft grausame Jagd, das langsame Töten, weil es eben nicht schneller geht, das Ausnutzen von anderen Tieren als Zwischenwirte und Wirtstiere. Die Vorstellung, dass Lebewesen ihre Brut in andere Lebewesen packen, damit die Nachkommen die unfreiwilligen Ammen bei lebendigem Leib langsam verspeisen, ist auch nicht angenehm. Was ist mit Vögeln, die ihre Eier anderen unterschieben und die schlüpfenden Rowdies ihre Stiefgeschwister aus dem Nest werfen, um groß zu werden. Rabeneltern. Ist das Töten des Partners nach dem Geschlechtsakt erstrebenswert?
Vernichtenden Konkurrenzkampf gibt es in Flora und Fauna, unerbittlich, ohne Mitleid, ohne Gnade. Warum? Weil Tiere und Pflanzen Gnade und Mitleid – von einem winzigen Bruchteil in der Artenvielfalt abgesehen – schlicht nicht kennen. Es geht einzig und allein um Nahrungsbeschaffung und Arterhaltung, immer nur darum, um nichts anders.

Wer sich jetzt also hinstellt und plärrt, dass Tiere die besseren Menschen seien, weil sie nicht lügen und keine bösen Dinge tun und sowieso nur gut, weil Natur, seien, ist schlicht ein unwissender Idiot. Gut, lügen tun sie – bis auf ein paar Primatenarten – nicht, aber eben nur, weil sie es nicht können – und nicht müssen: es gilt das Recht des Stärkeren. So einfach ist das. Ist das das Vorbild, das alle Probleme lösen könnte? Wo dieser Ansatz hinführt, spürt jeder einzelne von uns täglich: am Arbeitsplatz, im Straßenverkehr und allzu oft zu Hause in der Familie. Schönen Dank auch.

Das Problem des Menschen ist, das es ihm gelungen ist, sich im Laufe der Zeit aller natürlichen Feinde zu entledigen. Es ist nur einer übrig geblieben: er selbst. Das dass Fehlen natürlicher Feinde fatal ist, ließe sich in Australien beobachten: Einwanderer brachten das Kaninchen mit. Ohne natürliche Feinde vermehrten sich die possierlichen Tiere so extrem, dass für heimische Arten – und auch Menschen – die Ressourcen knapp zu werden drohten. Ergebnis: Massentötungen, ohne die es ein Massensterben gegeben hätte. Teufel oder Beelzebub – wie hätten Sie es denn gern?

So schön der dank Flugzeugen geschrumpfte Planet auch ist, das Einschleppen fremder Arten – auch unbeabsichtigt – löst auch heute noch Katastrophen aus. Oder leiten sie ein. Oder legen den Grundstock zu verheerenden Entwicklungen. Würde deswegen aber jemand, der keinen Honig essen möchte, weil der Gedanke, Bienen auszunutzen, schrecklich zu sein scheint, auf Flugreisen in den Urlaub verzichten? Oder auf das Halten von Tieren? Eher nicht.

Ja, es passiert täglich unendlich viel Leid, ausgelöst von Menschen. Aber es passiert auch täglich unendlich viel, Leid zu lindern. Weil wir so oder so können. Wenn wir aber erreichen wollen, dass sich nachhaltig etwas ändert, müssen wir Geduld haben, beharrlich sein und da ansetzen, wo die Weichen gestellt werden: in Kindheit, Erziehung und Bildung. Da muss angesetzt werden. Wenn auch nur ein Bruchteil der Energie, die die Verfolgung einzelner Hundeschicksale – vor allem verbal – an Beachtung und Einsatz binden, in Erziehung zu sensiblem Umgang mit Schwächeren, zu Empathie für Tiere, zu Tier- und Umweltschutz fließen würde, wären wir schon einen großen Schritt weiter.

Warum gibt es nicht an allen Schulen bis zum Abitur Ethik als Pflichtfach? Nur, weil es für Nahrungs-, Pharma- und Chemieindustrie verheerend wäre? Oder weil sie in Kopf und Geist von Politik und Wirtschaft keinen Lebensraum mehr hat? Nein, weil wir es zulassen. Weil es uns egal zu sein scheint. Weil Stuttgart 21, Atommüll und freie Fahrt für freie Bürger spannender ist als Bildung und Erziehung unserer Kinder?

Wieso werden Atommülltransporte mit allen Mitteln verzögert, Tiertransporte über tausende Kilometer aber quälen ungehindert weiter ‚Nutztiere‘? Warum ist Tierschutz in der Politik kein Thema? Hört für die Grünen Natur- und Umwelt in Gorleben und in den Windparks der Nord- und Ostsee auf? Seit wann gehören Tiere nicht zur Ökologie?

Was hat Religionsunterricht an deutschen Schulen verloren? Warum dürfen Kinder von den Eltern zwangsgetauft werden, die selben Kinder übrigens, die erst ab 18 Jahren wählen dürfen? Wie kann es sein, das der Staat Kirchensteuer beitreibt, sich aber mit der Trennung von Staat und Kirche brüstet? Hat irgendeine Kirche schon einmal irgendwann irgendetwas für Tier- und Artenschutz getan?

Tierschutz gehört in Kindergärten, Vorschulen, Schulen, in die Familien – und nicht der Schutz der Tiere verarbeitenden Industrie. Kindern werden die Folgen von Alkohol am Steuer sehr drastisch vorgeführt. Zur Abschreckung. Warum aber werden Kinder davor gewarnt, sich Bilder und Filme aus Schlachthäusern und von gequälten Tieren anzuschauen? Ist das nicht auch eine ganz direkte Aussage zum Thema Ursache und Wirkung?

Und wäre es nicht ein verheerendes Signal, wenn zum WEEAC am 8. Oktober nicht mindestens 10.000 Menschen kämen, um deutlich zu machen, dass Tierschutz sehr wohl ein Thema ist, das Menschen bewegt?

Menschentiere können auch gut!

© Michael Marx – 06/2011

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