Gemeinsame Ziele einen. Es geht nur um das Wohl der Tiere. Wir sind die Guten. So sollte es sein. In Realitas ist das aber eher Science Fiction. Warum? Fragen wir uns auch. Wenn auch nicht wirklich, denn die Antwort ist bekannt: Menschen. Aber Zielansprache?

Für den Schutz der Tiere sind Menschen verantwortlich, der Fehler ist also systemisch. Aber da selbst Menschen der gleichen Muttersprache in derselben nicht ohne Missverständnisse kommunizieren können, wie sollten dass dann Tiere mit uns können? Eben.

Die Missverständnisse fangen bei der Vermittlung an. Hunde purzeln mit starkem Durchfall aus der Transportbox, waren aber kurioserweise wenige Stunden vorher noch quietsch gesund. In den magischen Flugboxen fallen dritte Augenlider vor, Zwingerhusten entsteht spontan und durchgeimpfte Hunde spendieren den Haltern erste Kosten, weil die Grundimmunisierung mit Impfung 1 zwar begonnen, mangels Zeit aber mit Impfung 2 nicht abgeschlossen werden konnte. Eine Empfehlung zum dringenden Abschluss der wichtigen Grundimmunisierung fehlt. Magische Boxen.

Missverständnis zwo bezeichnet die großen Unterschiede der Schutzgebühren, die mit unter 100,00 € beginnen und bei fast 300,00 € enden. Alle haben eines gemeinsam: sie decken knapp die Kosten. Offenbar fliegen einige Hunde Business Class. Sagen wir es anders, freundlicher. Die Vermittlung von Hunden kann viel Aufwand beinhalten, unter anderem den Unterhalt einer Pflegestelle an Ort und Stelle, in der frei gekaufte Hunde aus Tötungen, deren Zeit abgelaufen ist, einen Aufenthalt bekommen, bis sie vermittelt sind oder eine Pflegestelle im Aufnahmeland frei wird. Das kostet. Transport zum Flughafen, Umlage für Anschaffung von Boxen (den magischen…), Rücktransport und Wartung kostet auch. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass ein Überschuss verbleibt. Wer mit ehrenamtlicher Tätigkeit wirbt, tut dies nur ehrenamtlich, wenn keine Aufwandsentschädigung berechnet und abgezogen wird. Ja, es ist opportun, einen gewissen Mehrwert geltend zu machen. WENN 1) davon auch nachweislich Projekte unterstützt werden (Impfungen, Kastration von Straßenhunden, Material zur Unterstützung örtlicher Stationen, eigene Auffangstation), davon tierärztliche Behandlungen kranker Pflegehunde bezahlt oder Pflegestellen im Aufnahmeland finanziell unterstützt werden. Wer also einem Hund aus dem Ausland ein neues Zuhause schenken möchte UND Tierschutz aktiv unterstützen möchte, der entscheide sich für eine Organisation, die transparent den Einsatz der Mittel darstellt. Ein Prädikat, an dem der Interessent Organisationen erkennen kann, die im Namen des Tierschutzes ’sauber‘ arbeitet, wird es wohl nie geben. Weil Tiere zwar gefallen, nicht aber mitbestimmen dürfen.

Missverständnis drei ist eine brisante Mischung aus Ratio und Emotion. Es werden Hilfeersuchen gestellt für Hunde, die viele hundert Kilometer weit abseits logistischer Realitäten schwer verletzt nur durch immensen finanziellen Aufwand am Leben erhalten und nach Deutschland transportiert, operiert und als Dauerpatient eine unbestimmte Zeit in treu sorgenden Familien weiter leben dürften. Dank eines Aufwands, der es einem Tierasyl in den betreffenden Ländern möglich wäre, einer Vielzahl von Tieren ein angenehmeres, artgerechteres (Über)Leben sichern könnte bis zu einem lebenswerten und integrierten Leben in einer Adoptionsfamilie. Es ist hart – aber in diesen Fällen muss wohl abgewogen werden, ob nicht ‚Allgemeinwohl‘ vor individuellem Wohl steht. Es stellt sich – besonders Tierärzten – die dringende Frage der Verhältnismäßigkeit des Mitteleinsatzes. Tiere können sich nicht äußern über ihre Lebensqualität, der Mensch weiß es eh‘ besser…

Es geht um Geld, in der Summe um viel Geld, es geht um Vermittlungszahlen, Erfolgsquoten, um Konkurrenz, um bessere und die besten Menschen. Natürlich nicht bei allen, das sei deutlich klar gestellt. Aber bei vielen – und das sind immer zu viele. Jedes einzige schwarze (oder auch nur graue) Schaf, schreckt mehr Menschen davor ab, einen Auslandshund zu adoptieren, als die positiven Beispiele wett machen können. Einen guten Ruf aufzubauen, ist ein schwieriger, langwieriger Prozess, ihn zu zerstören geht in Minuten.

Ein Prüfsiegel – als Beispiel genannt – des Deutschen Tierschutzbundes brächte mehr Licht ins Dunkel und mehr Sicherheit. Für alle: für Interessierte, für Organisationen, die vorbildliche Tierschutzarbeit leistet und – vor allem – für diejenigen, denen alle diese Bemühungen gelten: den Tieren, den Hunden.

Alles andere ist einfach nur Handel. Wogegen auch nichts zu sagen wäre, wenn da, wo Handel drin ist, auch Handel drauf stehen würde. Für den gelten aber all diese lästigen Dinge wie Gewerbeanmeldung, Gewährleistung und… Steuern.

Es lebe der Tierschutz. Aber wer lebt davon?

  – © Michael Marx – 11/2010

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