Heute präsentieren wir einmal mehr eine Gastautorin, die sich mit einem Thema auseinander setzt, das sich nahtlos in unsere Arbeit und unser Denken einfügt. Wir veröffentlichen den folgenden Artikel ungekürzt und mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

Der Galgo: Modehund für’s Sofa?

Schon seit einigen Jahren beschleicht mich immer wieder dieses unangenehme Gefühl: Kann es sein, dass es inzwischen einfach als schick gilt, sich einen Galgo aus dem Tierschutz zuzulegen? Also echte Tierschutz-Galgos?

Wer noch vor einigen Jahren nie einen Windhund zu Gesicht bekommen hat, kann dem ‚Galgo aus dem Tierschutz‘ nun fast an jeder Strassenecke begegnen. Ist das ein tierschützerischer Erfolg? –  Da habe ich so meine Zweifel.

Als ich vor einigen Jahren begann, mir die Homepages der diversen TS-Orgas anzusehen, war ich zunehmend empört über all den Unsinn, der da zu lesen war! Man verstand und versteht es zwar trefflich im Stil der ‚Tageszeitung mit den vier Buchstaben‘ die von Blut triefenden Leidensgeschichten der Galgos zu schildern und zu bebildern – die Informationen zu diesen Windhunden jedoch waren und sind z.T. noch immer durch die Bank geprägt von einer geradezu katastrophalen und fahrlässigen Unkenntnis!

Es ging und geht vielen Orgas um nichts Anderes, als um marktschreierische Angriffe auf die Tränendrüsen und emotionale Erpressung! Von Hunden, die fast ausschließlich von Jägern stammen, z. B. zu behaupten, sie hätten keinen Jagdtrieb, sie durch die Bank einfach zu ‚armen Socken‘ zu deklarieren, die lediglich ein Plätzchen auf dem Sofa bräuchten und ansonsten eben einfach ‚Hund ist Hund‘ sind – so kann Tierschutz einfach nicht betrieben werden!

Dann gibt es noch diese Peinlichkeit, jeden schlanken – oder auch nur abgemagerten Hund zum ‚Windhund‘, bzw. ‚Windhundmischling‘ umzudeklarieren – mit diesem Etikett lassen sie sich wohl erfolgreicher an den Mann/die Frau bringen!? Wenn dann der neue ‚Windhundbesitzer‘ auch noch eine Beurteilung seines Hundes will – da windet sich der ‚Windhundkundige‘: Wie sag´ ich´s meinem Kinde?!

Einiges scheint sich inzwischen gebessert zu haben – in den Beschreibungen wird schon hin und wieder auf die ‚Andersartigkeit‘ von Windhunden eingegangen, einige Orgas scheinen begriffen zu haben, dass sie Hunde vermitteln, die besondere Ansprüche an ihre Haltung und ihre Halter haben.

Wenn man jedoch nur ein wenig hinter die Kulissen sieht, tut sich ein Abgrund auf! Vielen scheint es bei ihren ‚Rettungsaktionen‘ nur noch um Quote (wir haben so und so viele Hunde vermittelt!) und nicht um Qualität zu gehen! Wie sonst kann es sein, dass immer mehr hilflose Adoptanten, denen ein Galgo einfach so verpasst wurde von Orgas, an deren Namen sie sich nicht einmal mehr erinnern können, im Internet nach kompetenten Ansprechpartnern fahnden müssen, weil sie mit einem Galgo konfrontiert sind, der eben doch anders tickt, als andere Hunde?

Ist es wirklich Tierschutz, wenn man einfach wahllos unzählige Galgos nach Deutschland verfrachtet und sie hier einem ungewissen Schicksal überlässt?

Glaubt vielleicht irgendwer, man könnte einfach alle überzähligen Galgos nach Deutschland (und ins übrige Europa!) retten und das Problem wäre gelöst? Die ‚Produktion‘ wird immer die ‚Nachfrage‘ übertreffen – also ein Teufelskreis?

Inzwischen sind ja sogar einige Jäger dazu übergegangen, ihre ausgedienten und/oder überzähligen Galgos im Tierschutz abzugeben, anstatt sie auf bestialische Weise zu töten – ist DAS ein Fortschritt?

Auf den ersten Blick vielleicht – auf den Zweiten kommt dann doch Unbehagen auf: Diese Jäger delegieren lediglich die Verantwortung, die sie für ihre Hunde haben, an die diversen europäischen Tierschutzorganisationen weiter (die einfältigen Deutschen werden unsere Hunde schon übernehmen!). Es werden also weniger Galgos umgebracht – in den Köpfen dieser Jäger hat sich nichts geändert!

Da scheint es völlig undenkbar, für ein Tier lebenslange Verantwortung zu übernehmen. Das Alles wohlgemerkt geschieht nur bei solchen Jägern, deren Hunde auf die eine oder andere Weise im Tierschutz landen, oder aber umgebracht werden! Es gibt sie nämlich durchaus, die verantwortungsvollen Jäger und Züchter in Spanien – die allerdings in ständiger Sorge sein müssen, dass ihnen ihre Hunde nicht gestohlen werden – von eben jenen Individuen, die dann weiter vermehren und die Galgos nach einer Jagdsaison entsorgen!

Bei so manchem Windhund aus Spanien, der vom Exterieur tatsächlich wie ein reinrassiger Galgo espanol aussieht (das betrifft allerdings nur Wenige!), habe ich mir schon so meine Gedanken gemacht, ob sie nicht vielleicht aus einem Diebstahl bei einem Züchter stammen könnten!

Es ist also ein sehr vielschichtiges Thema und es genügt bei Weitem nicht, mit dem Finger auf die Missstände in Spanien zu zeigen! Mit der Verbreitung von Vorurteilen in Deutschland, Hunde an den Mann und die Frau bringen zu wollen, dient lediglich der Quote – ändert jedoch nichts am Schicksal unzähliger Galgos in Spanien! Und schon ist man wieder bei der Frage, die sich jeder Tierschützer immer wieder stellt: Soll man einfach aufgeben, da alles ja doch immer nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist?

Nein – das ist ganz bestimmt nicht der richtige Weg.

Eins muss jedoch endlich aufhören: Mit primitivsten Methoden weiter Vorurteile zu bedienen! Es gibt nicht die typischen Spanier, ebenso wenig, wie es die typischen Deutschen gibt – es gibt lediglich weltweit Menschen in allen nur denkbaren Facetten und unter diesen tummeln sich Unzählige, die sich für die Krone der Schöpfung halten und jeden Respekt vor dem Leben verloren haben!

Was also ist zu tun?

Wir müssen uns alle Spanier, denen bewusst ist, was in ihrem Land mit den Galgos geschieht, zu Verbündeten machen, damit weder die Tierschützer vor Ort, noch hier in Deutschland auf verlorenem Posten kämpfen. Es ist ein langwieriger Kampf, der nicht von heute auf morgen gewonnen werden kann – denn erst wenn es in den Köpfen der Menschen angekommen ist, wieder Achtung vor allen Lebewesen zu haben, wird sich etwas ändern!

Jedenfalls ist es überhaupt keine Lösung, hier in Deutschland wahllos Galgos zu verteilen, an Menschen, denen überhaupt nicht vermittelt wurde, dass Windhunde eben doch anders sind, als andere Hunde. Windhunde gehören zu wirklichen ‚Windhund-Liebhabern‘ – und solchen, die es wirklich werden wollen!

Es ist nicht schick, sich aus reiner Barmherzigkeit einen Galgo für das Sofa zuzulegen, um dann entsetzt feststellen zu müssen, dass man sich einen ambitionierten Jäger ins Haus geholt hat! –

Gott sei Dank sind inzwischen auch wirkliche Windhundkenner auf das Thema aufmerksam geworden und werden hoffentlich dafür sorgen können, dass der Galgo aus dem Tierschutz nicht weiter zum ‚Modehund‘ gemacht wird, denn das ist immer das Schlimmste, was einer Rasse widerfahren kann!

Editiert im Mai 2010

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